Warum unsere Füße keine Dämpfung brauchen

Warum unsere Füße keine Dämpfung brauchen

Viele Expert:innen bestätigen, dass barfuß laufen, oder das Tragen von flexiblen Schuhen, hilfreich für die gesunde Entwicklung und Stärkung der Füße ist. Was weiterhin diskutiert wird ist die Frage, ob der menschliche Fuß dafür gemacht ist, auch auf harten, asphaltierten Flächen, wie unseren Gehwegen zu laufen, oder gar darauf  zu rennen.

Dabei vergisst man leicht, dass der Großteil der heutigen Weltbevölkerung - ungefähr zwei Drittel - ziemlich einfaches, minimalistisches Schuhwerk trägt. Viele Menschen tragen gar keine Schuhe.

Rikscha Läufer:innen wie in Japan, Indien und Thailand, die ihre kleinen Kutschen jahrelang auf asphaltierten Straßen hinter sich herziehen, und das barfuß oder mit minimalistischen Schuhen, sind ein extremes Beispiel.

Warum wir keine Dämpfung brauchen

Welchen Schutz brauchen unsere Füße?

Leiden diese Menschen an Fußkrankheiten, bzw orthopädischen Problemen, oder leiden nicht vielmehr wir daran?.

Treten in barfuß laufenden Gesellschaften mehr Probleme auf, als in solchen, in denen Schuhe normal sind? Oder ist das Gegenteil der Fall?

Technologischer Fortschritt hat uns wunderbare Entwicklungen gebracht - aber braucht der Fuß diesen “Fortschritt”, braucht er Schuhe mit Dämpfung und Fußbett? Stimmt etwas nicht mit unseren Füßen, dass sie Unterstützung nötig hätten?

Das Gegenteil ist eher der Fall: Gesellschaften, in denen barfuß laufen an der Tagesordnung ist haben gesündere Füße und je mehr eine Gesellschaft sich an Schuhwerk gewöhnt, desto eher treten gesundheitliche Probleme an den Füßen auf. (1-6)

Braucht es eine Dämpfung in Sportschuhen?

Was haben wir gemacht, bevor moderne Sportschuhe die Regel waren?

Bis in die 1980er Jahre trugen Sportler:innen aus verschiedensten Disziplinen (Basketball, Tennis, Handball, Laufen, Springen etc ...) Schuhe, die lediglich aus leichtem Obermaterial und einem Stück dünnen Gummi als Sohle bestanden. Diese Schuhe bewährten sich, sogar bei Marathonläufen auf Asphalt. Litten die Läufer:innen aufgrund der fehlenden Dämpfung häufiger an gebrochenen Knochen oder anderen orthopädischen Problemen? Wir konnten keine Beispiele für diese These finden.

Das Aussehen der Füße und Pfoten eines jeden Tieres ist perfekt an die jeweilige Umwelt angepasst. Krabben haben “Beine”, die dazu geschaffen sind um im nassen Sand zu buddeln. Hauskatzen und ihre großen Verwandten haben ausziehbare Krallen, die sie für die Fortbewegung im Gelände, scharfe Kehrtwenden und hohes  Tempo perfekt ausstatten. Füße und Hände von Affen sind fürs Klettern gemacht, die Füße von Enten für das Paddeln im Wasser. Froschfüße sind genau richtig für nasse, glitschige Untergründe. Ziegen haben Hufe, die sie problemlos Steine und Felsen, Sträucher und Bäume erklettern lassen. Und Chamäleonfüße sind die allercoolsten!

Die unterschiedlichen Füße, Pfoten, Hufe etc. sind hilfreich für das Überleben in der jeweiligen Umwelt, in der die verschiedenen Arten sich an die Umgebung angepasst haben und sie sind von Natur aus so angelegt, dass sie den Alltag dieser Spezien vereinfachen. Es macht biologisch keinen Sinn, dass bestimmte körperliche Eigenschaften die Fortbewegung eines Organismus behindern und damit seine Überlebenschance verringert.

Optimale Anpassung

Wie verhält es sich nun mit unseren Füßen? Zu welcher Umwelt passen sie am besten? Auf welchem Untergrund ist es schwieriger zu laufen und auf welchem fühlt es sich einfacher an? Welche Hinweise gibt uns unsere Anatomie? Folgendes haben wir dazu schon auf unserer facebook-Seite ausgeführt:


Über den Windlass-Mechanismus hier:

“Diese Flexion des Fußes ist Teil eines gut synchronisierten "Werkzeugs", das dabei hilft, einen beträchtlichen Teil des Aufpralls vom Boden zu absorbieren, während man springt oder rennt (bei der Landung auf dem mittleren oder vorderen Teil des Fußes).”

Über unser Fersenpolster hier:

“Wie in der Abbildung zu sehen, ist unser Fersenbein (Calcaneus) mit einem kleinen Fettpolster geschützt, das ein wenig Polsterung bietet und uns hilft, unser Gleichgewicht zu halten; dabei dient es uns wunderbar zum Gehen und Stehen.”

Über die Fußgewölbe:

“Wie eine starke Feder sind diese Fußgewölbe so konstruiert, dass sie sich spannen, zurückfedern und Stöße absorbieren, um die Aufprallkräfte auf höher gelegene Gelenke im Körper zu verringern."

Was ist der beste Untergrund für unsere Füße?

Erstens: Je weicher ein Untergrund ist, desto schwieriger ist es, nicht zu versinken.

Je härter der Grund, desto federnder unser Schritt und umso einfacher bewegen wir uns fort. Wir wissen alle, wie schwer es sein kann, in weichem Sand am Strand zu laufen. Das andere Extrem ist, barfuß auf Asphalt zu gehen - es fühlt sich leicht und hüpfend an, wie etwas, für das wir gemacht sind!

Zweitens: Unser gesamtes Bein, von der Hüfte bis zum Ende unserer Zehen funktioniert wie ein Springstock. Es ist wie eine große Feder, die die Energie kanalisiert. Was passiert mit einem Springstock auf weichem Untergrund? Der Sprungmechanismus würde nicht funktionieren, die Energie könnte nicht in Bewegung umgewandelt werden, anstatt zu springen bliebe man stecken. Springen, denn nichts anderes ist rennen, eine Serie von Sprüngen von einem aufs andere Bein, wird auf weichem Grund ermüdend, ja buchstäblich unmöglich.

Warum Füße keine Dämpfung brauchen

Dies alles klingt nachvollziehbar, aber was ist nun mit möglichen Schmerzen? Es tut doch weh, wenn man ohne dicke Sohle, die den Aufprall dämpft, läuft oder rennt?

Und hier kommt drittens: Je dicker die Dämpfung unter unseren Füßen, desto größer ist der vertikale Stoß von unten.

Das klingt erstmal seltsam, ist aus biomechanischer Sicht aber ganz einfach:

Unsere Füße funktionieren am besten auf stabilem, harten Grund. Unterbewusst drücken wir also unsere Füße so fest, dass wir dieses stabile Gefühl erhalten.

Eine dünne Sohle oder barfuß laufen macht uns vorsichtiger - Schmerzen machen uns darauf aufmerksam, welche Bewegungen besser vermieden werden und verhindern ein falsches Auftreten. Anders gesagt: Um Schmerzen zu vermeiden halten wir automatisch unseren Gang leicht und treten achtsam auf, dabei benutzen wir mehr Muskeln und landen gleitend und nicht mit der ungebremsten Kraft, die wir bei einer weichen, dicken Sohle haben (8).

Weniger ist mehr

Kurz gesagt: Die Menschheit kam hunderttausende Jahre ohne unterstützendes, dämpfendes Schuhwerk aus.

Die Biomechanik unserer Füße lässt annehmen, dass sie für harten, festen Untergrund gemacht sind. Hier hat die Evolution für einen Vorteil gesorgt. Je weicher dagegen der Untergrund ist, desto weniger ergeben diese biomechanischen Prinzipien einen Sinn.

Wildlinge an den Füßen tragen ist wie barfuß laufen über festen Rasen, so dass unsere Füße gerade ausreichend geschützt werden, aber nicht die sensorischen und muskulären Vorteile verlieren.

Abschließend ein Zitat aus dem Buch “Born to Run” (über das wir hier geschrieben haben).

“Es gibt tatsächlich keine Anhaltspunkte, dass gedämpfte Laufschuhe Verletzungen verhindern. In einem Aufsatz für das Britische Journal für Sportmedizin von 2008 zeigte Dr. Craig Richards, Forscher an der University of Newcastle in Australien, dass es keine evidenzbasierte Studie gibt - keine einzige! - die nachweist, dass Laufschuhe einen weniger anfällig für Verletzungen machen. Eine überraschende Entdeckung - hat man das wirklich die letzten 35 Jahre übersehen? Dr. Richards war fassungslos, dass eine 20 Milliarden schwere Industrie auf nichts als leeren Versprechungen und Wunschdenken beruhen sollte, so dass er die Unternehmen direkt herausforderte:

Ist irgendein Schuhunternehmen ernsthaft in der Lage zu behaupten, dass das Tragen ihrer Laufschuhe das Risiko von Muskelverletzungen senkt? Kann irgendein Schuhhersteller wirklich beweisen, dass seine Schuhe die Performance beim Laufen erhöht? Wenn ihr solche Behauptungen aufstellt, wo sind die von Experten überprüften Daten, die diese untermauern?

Dr. Richards wartete und kontaktierte auch die größeren Unternehmen, um nach ihren Studien und Daten zu fragen, aber zurück kam nur: Stille.”


Fotos: Wildling Shoes | Sandra und Stefano Chiolo 

 

  1. Conclusions drawn from a comparative study of the feet of barefooted and shoe-wearing people
  2. Footprints_and_Feet_of_Natives_of_the_Solomon_Islands
  3. Survey in China and India of feet that have never worn shoes
  4. A_Comparison_of_Foot_Forms_Among_the_Non-Shoe_and_Shoe-Wearing_Chinese_Population
  5. The_Hallux_Position_in_Natives_of_Madagascar
  6. The_Etiology_of_Hallux_Valgus_in_Japan
  7. Balance and vertical impact in sports: Role of shoe sole materials
  8. Athletic footwear: unsafe due to perceptual illusions